#108 Anh Nguyễn und die Kraft der inneren Einstellung

KunstKultur
Verfasst von Stephanie Hüllmann
 

Von unternehmerischem Denken, Selbstbewusstsein und Präsenz

Anh Nguyễn

Vielfalt im Freiberuf

In Episode #108 meines Kunst-Podcasts interviewe ich die Artmanagerin und freiberufliche Kuratorin Anh Nguyễn. Seit vielen Jahren bewegt sie sich in der Kunstwelt und trifft auf vielfältige Weise mit Künstler:innen, Sammler:innen, Galerist:innen und Kulturschaffenden zusammen.

Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte und mehrjährigen Berufserfahrungen im Auktions- und Galeriewesen entscheidet sich Anh, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen, um sich - über den zahlenorientierten Kunsthandel hinaus - wieder kreativer und freier mit Kunst auseinandersetzen zu können.  

Förderung und Begleitung von Künstler:innen

Ohne auf einen Teilaspekt des Kunstwesens festgelegt zu sein, ist Anh Nguyễn als freie Kuratorin sehr breit aufgestellt. Über den Kunsthandel hinaus berät sie Künstler:innen zu deren Auftritt und Platzierung auf Messen und Events, unterstützt den Aufbau privater Sammlungen und wird beim Museumsaufbau zu Rate gezogen. Anh entscheidet selbst, welche Schwerpunkte sie für sich legt. Sie setzt sich mit den Möglichkeiten von Förderungen auseinander und betreibt intensives Networking.

Die Suche nach Newcomer:innen

Aber wie erkennt man als Artmanagerin die Newcomer:innen, die man fördern möchte? Anh Nguyễn schaut dabei nicht auf die Followerzahlen in den Social Media oder recherchiert auf Artsy, Artfacts. Ein Ranking im Internet sagt nichts darüber aus, ob jemand authentisch ist und die zwischenmenschliche Ebene stimmt. Wenn Anh eine Künstler:in vertritt, möchte sie vollständig dahinter stehen können. Wichtig sind für sie das intuitive eigene Bauchgefühl, der persönliche Geschmack und ob der Funke durch die Arbeiten überspringt. Dabei bewirkt die visuelle Ästhetik eines Werkes innerhalb weniger Sekunden eine Reaktion, die entscheidet, ob wir eine Arbeit länger betrachten oder weitergehen, bzw. -wischen. Anh beschreibt in dem Gespräch, auf was sie achtet, was sie anspricht bei der Kunst. Natürlich spielen auch Eckwerte wie Studienort, Ausstellungszahlen und -Orte, sowie Auszeichnungen eine Rolle. Newcomer:innen begegnet man aber nicht häufig in Ausstellungen mit musealem Anspruch, sondern auf unabhängigen, von Künstler:innen selbst organisierten Veranstaltungen, wie z.B. auf Ateliertagen, Ausstellungen von Kunstvereinen oder auf Social Media. Dort kann sich der Beginn eines Austauschs ergeben, in dem die Geschichte hinter den Arbeiten der Künstler:innen stärker in den Vordergrund treten können und sich eine positive enge Zusammenarbeit entwickeln kann, wenn die Chemie stimmt.

Wie ist das richtige Auftreten für Künstler:innen?

Natürlich kann ich es in diesem Interview nicht lassen, Anh Nguyễn zu Tipps für aufstrebende Künstler:innen zu fragen. Schließlich ist sie als Artmanagerin mittendrin in der Kunstwelt. So kommt ihre Antwort auf meine Frage nach Fehlern von Künstler:innen auch ohne Zögern: Ganz unmittelbar betont sie die Wichtigkeit für die Künstler:innen sich als Unternehmer:innen zu verstehen, die alle Managerpositionen in einer Person vereinen: Sales, Marketing, Business development, Networking, usw. Besonders spannend finde ich Anhs Argument, dass sich das Auftreten und Selbstbewusstsein von Künstler:innen dadurch ändern kann, dass sie sich auch als Unternehmer:innen vorstellen. Ihre Ausführungen zu der Notwendigkeit dieser Sichtweise werden euch sicherlich aufrütteln. Mir ging es jedenfalls so!

In diesem Zusammenhang sprechen wir außerdem über die Aufgaben von Instagram und den Stellenwert von Webseiten. Anh Nguyễns findet da eine sehr klare Einordnung, die mich vollkommen überzeugt hat und für euch ebenfalls sehr interessant sein dürfte.

Mit Authentizität und Zielstrebigkeit

Anh Nguyễns Werdegang, den sie im Podcast mit uns teilt, verlangt Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen. Sie möchte Künstler:innen ermutigen, sich mit Zielstrebigkeit ihren Weg zu bahnen und sich nicht durch wiederkehrendes Scheitern davon abbringen zu lassen. Je authentischer die Arbeit der Künstler:innen und die dahinterstehenden Geschichten sind, umso mehr werden die Menschen von der Kunst erreicht.

Zeit für die eigene Kreativität

Ihr Beruf nimmt Anh Nguyễn zeitlich stark in Anspruch. Außer einem kleinen Sekretär, hat sie keinen wirklich festen Arbeitsplatz hat, da Anh ständig unterwegs ist. Aber auch, wenn sie kaum Zeit zum Malen findet, hat sie ein anderes kreatives Steckenpferd gefunden, bei dem sie sich sowohl malerisch als auch bildhauerisch austoben kann. Schaut selbst!

Zum Thema - nochmal hören:

In Episode #91: “Denkst du schon solo-selbstständig…” sprechen Benjamin Thaler und Simon Pfeffel über professionelles und überzeugendes Auftreten und zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, die euch unterstützen können.
Wenn ihr euch für Förderungen, Künstlerhäuser und Stipendien interessiert, hört unbedingt bei den Folgen #81: “Olivia Frank über Künstlerhäuser, Stipendien und Visionen” und #82 über Art Residencies rein. Auf der Webseite zu #82 findet ihr außerdem eine umfangreiche Linkliste zu Stipendien und Kulturförderung sowie ein 8-seitiges PDF mit Links, das du HIER runterladen kannst.
Über Eigeninitiative, und wie man die Dinge selbst in die Hand nimmt, spreche ich in Episode #79: “Eigeninitiative - ohne geht's kaum”.

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Stephanie Hüllmann http://www.stephanie-huellmann.com
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